Die eigene Achtsamkeitspraxis beginnen und entwickeln: achtsames Atmen

Achtsamkeit im Alltag

Kennen Sie auch das Sprichwort: „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“?

Forschungen im Bereich der Neurowissenschaften belegen inzwischen eindrucksvoll, dass wir niemals zu alt sind, um etwas Neues zu lernen! Ausschlaggebende Faktoren für den Lernerfolg, bzw. die Verhaltensänderung, sind eher unsere Motivation, unser Engagement und unsere Selbstdisziplin.

Zusätzlich beeinflussen auch einige ganz praktische Aspekte unseren Fortschritt, z. B.: unsere Erwartungshaltung bzgl. eines sofortigen Übungserfolges, die Auswahl der für mich persönlich richtigen Übung zu Beginn und die Anleitung und Begleitung durch den Meditationslehrer.

Zu Beginn ist es wichtig, einen Ankerpunkt zu finden, zu dem wir immer wieder zurückkehren können, wenn unser Geist abschweift. Dieser Ankerpunkt sollte immer verfügbar sein und uns mit dem gegenwärtigen Augenblick verbinden. Unsere Atmung erfüllt diese Bedingungen in idealer Art und Weise!

Probieren Sie doch einfach einmal die folgende Übung aus, die Sie auch problemlos in den Alltag integrieren können, z. B. um Wartezeiten sinnvoll zu überbrücken.

Übung: achtsame Atmung

  • nehmen Sie eine bequeme Position ein, sei es im Liegen, Sitzen oder Stehen
  • richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die Atmung, ohne sie zu verändern
  • beobachten Sie, wo Sie die Atmung in Ihrem Körper gut wahrnehmen können, und richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf diesen Bereich (vielleicht spüren Sie die Bewegung der Bauchdecke, oder Sie nehmen den Luftstrom im Nasen-Rachen-Raum wahr)
  • spüren Sie auch die kurzen Pausen zwischen den Atemzügen
  • gern können Sie die Atmung im Geist verfolgen: „Ich atme ein, und weiß, dass ich einatme; ich atme aus, und weiß, dass ich ausatme.“
  • werden Sie abgelenkt, beobachten Sie diese Ablenkung kurz, und kehren Sie dann zur Beobachtung der Atmung zurück
  • führen Sie diese Übung für ein paar Minuten aus, und nehmen Sie die beruhigende und erfrischende Wirkung wahr

Existenzielle Gegebenheiten in der Beratung und im Coaching

Morgenmeditation

Unser Dasein wird durch zwei fundamentale Erkenntnisse geprägt. Erstens, wir können nur im „Hier und Jetzt“ leben, und zweitens, wir können unser Leben nur insgesamt leben!

Aus diesen Erkenntnissen heraus wird unsere Existenz durch verschiedene „existenzielle Gegebenheiten“ bestimmt. Diese wurden von verschiedenen Philosophen (z. B. Sartre) und Psychologen/Psychiatern (z. B. Frankl, Yalom und van Deurzen) eingehend beschrieben und wie folgt benannt:

  • Embodiment: das Bewusstsein benötigt in dieser Existenz einen Körper;
  • Unabhängigkeit und Beziehung: das Spannungsfeld zwischen Isolation und Gemeinschaft;
  • Freiheit und Verantwortung: die Freiheit zu wählen und die Verantwortung für diese Wahl zu übernehmen;
  • Tod, Endlichkeit und Begrenzungen: die menschliche Existenz umfasst nur einen bestimmten Zeitraum und ist von verschiedenen Einschränkungen bestimmt (z. B. körperlich und materiell);
  • Bedeutung und Bedeutungslosigkeit: der Mensch ist an etwas beteiligt, was über seine persönliche Existenz hinausragt;
  • das Unbekannte: wir wissen nicht, was uns erwartet; und das, was kommt, können wir nicht kontrollieren.

Hinter den Themen in einer Beratungs- und/oder Coaching-Situation können sich durchaus existenzielle Fragestellungen verbergen.

Gedanken zur Achtsamkeit – Überblick

Auch wenn es zurzeit den Anschein erweckt, so ist doch Achtsamkeit keine Modeerscheinung unserer heutigen Zeit, sondern eine jahrtausendealte Geisteshaltung, deren Ursprünge im Buddhismus zu finden sind.

Der Buddha selbst betonte in seiner Lehrrede über die Achtsamkeit (die sogenannte Satipatthana Sutta) die große Bedeutung dieser Geisteshaltung. Er erklärte, dass mit ihr “das Leiden überwunden werden kann”.

Die moderne Wissenschaft bestätigt ebenfalls die positive Wirkung der Achtsamkeit. Mit wissenschaftlich evaluierten Programmen wie MBSR, der achtsamkeitsbasierten Stressbewältigung, und MBCT, der achtsamkeitsbasierten Verhaltenstherapie, zeigen sich gute Erfolge bei der Behandlung von stressbedingten Erkrankungen, bei chronischen Erkrankungen und auch bei Depressionen und Angstzuständen.

Aber auch im Alltag zeigen achtsamkeitsbasierte Interventionen positive Veränderungen bei den Teilnehmenden: die Stresskompetenz steigt, die emotionale Ausgeglichenheit wird größer, die Sozialkompetenz wächst, die Gesundheit wird gefördert und auch die Aufmerksamkeit wird gesteigert.

Ein fundamentaler Unterschied zur buddhistischen Idee der Achtsamkeit besteht allerdings darin, dass ethische und moralische Aspekte, wie sie im Buddhismus u. a. im sogenannten “Achtfachen Edlen Pfad” beschrieben werden, in diesen modernen Interpretationen der Achtsamkeit nahezu keine Berücksichtigung finden. Interessant zu wissen in diesem Zusammenhang ist übrigens, dass Achtsamkeit ein Teil dieses “Achtfachen Edlen Pfades” ist!

Nichtsdestotrotz bleibt festzustellen, dass diese modernen Interpretationen der Achtsamkeit verhältnismäßig leicht zu erlernen sind, sehr wirksam sind und auch sehr gut den persönlichen Umständen entsprechend anpassbar sind!

Der nächste Artikel wird sich mit den Prinzipien und Trainingsinhalten dieses “Übungsweges” beschäftigen.

Anderen Menschen helfen, ohne auszubrennen

Der Artikel „How to Care Deeply Without Burning Out“ verweist auf ein Interview mit Sharon Salzberg. Sie beschreibt dort einen Weg, anderen Menschen zu helfen, ohne auszubrennen.

Das Leid anderer Menschen zu spüren, bedeutet empathisch zu sein; allerdings darf uns diese emotionale Reaktion nicht überwältigen, was auf lange Sicht in den Burnout führt.

Hier hilft das Achtsamkeitstraining, Gefühle wahrzunehmen und zu reflektieren, und daraus Mitgefühl entstehen zu lassen. Wir helfen dann auf verantwortungsvolle Art und Weise und sind uns gleichzeitig der Tatsache bewusst, dass wir manchmal nicht wirklich helfen können.